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Märchenhafte Schlösser und Burgen: Burg Stolpen

Die tragische Geschichte der Gräfin Cosel, der berühmtesten Mätresse des sächsischen Kurfürsten August dem Starken, gehört zu den bekanntesten Erzählungen rund um die Burg Stolpen. Doch auf dem markanten Basaltkegel trug sich noch einiges mehr zu. Besonders die weithin sichtbaren Türme der mittelalterlichen Burg berichten von bewegten Jahrhunderten als Bischofsresidenz, Schloss und Festung.

Der Siebenspitzenturm und die Meißner Bischöfe

Ab dem Jahr 1218 hatten die Meißner Bischöfe das Sagen in der Burg und bestimmten als Landesherren auch über die Geschicke der umliegenden Städte und Dörfer – 340 Jahre lang. Sie führten hier eine Nebenresidenz mit durchaus umfangreicher Hofhaltung, während der Bischofssitz des Bistums Meißen auf dem Meißner Burgberg verblieb. Aus der Zeit dieser Herrschaft stammen nahezu alle wichtigen noch erhaltenen Bauten, gut zu erkennen am Baumaterial, dem bläulich-schwarzen, sehr harten Stolpener Säulenbasalt.

Säulenbasalt am Fuße des Siebenspitzenturms der Burg Stolpen

An der Westseite der Burg Stolpen wurde zu Füßen des Siebenspitzenturms einst der begehrte Säulenbasalt gebrochen. Der Stolpener Basalt ist seit 2006 als Nationaler Geotop anerkannt. Foto: Klaus Schieckel

Symbolisch aber steht der Siebenspitzenturm für diese Periode. Hier lag die Bischofsschreibstube, von hier regierte der Bischof das Amt Stolpen. Den aus einem viereckigen Grundriss emporstrebenden sechseckigen Turm krönten bis zum Stadtbrand von 1632 Türmchen an jeder Ecke. Der Dachmittelturm bildete die siebente Spitze.

Testamentsfehde bringt Burg in den Besitz der Wettiner

Der Siebenspitzenturm und die angrenzenden Gebäude verfielen im Laufe der Zeit zu Ruinen, vernachlässigt bereits ab 1750 und weiter zerstört 1813 durch die Truppen Napoleons. Erst 1998 durften Besucher das alte Turmgemäuer wieder betreten, nachdem es saniert und mit einer Aussichtsebene auf dem Dach versehen worden war. Der Weg hinauf führt über Kurfürstin Annas Kräuterküche mit Herdstelle und Rauchfang und das darüber liegende Gewölbestübchen des Bischofs.

Kräuterküche mit Herdstelle und Rauchfang

Der Weg zur Aussichtsplattform des Siebenspitzenturms führt über Kurfürstin Annas Kräuterküche mit Herdstelle und Rauchfang. Foto: Klaus Schieckel

Mit der Reformation neigte sich die Ära der Bischöfe unausweichlich ihrem Ende zu. Eine Zeitlang konnten sie ihren Besitz noch verteidigen, doch die strategisch günstig gelegene Burg an der Schnittstelle wichtiger Fernhandelswege hatte auch bei den wettinischen Kurfürsten Sachsens Begehrlichkeiten geweckt.

Schließlich spielte Kurfürst August 1559 eine Testamentsfehde des kurfürstlichen Stallmeisters von Carlowitz mit dem Meißner Bischof in die Hände. Letzterer wurde am Ende zum Tausch des Amtes Stolpen gegen das kurfürstliche Amt Mühlberg gezwungen; die Landeshoheit des Bistums Meißen war verloren.

Der Seigerturm und Kurfürst August von Sachsen

Kurfürst August verwirklichte große Pläne in Stolpen. Kaum angekommen, begann er, die vorhandenen Bauten zu einem wehrhaften Schloss im Stil der Renaissance zu erweitern. Gleich 1560 ließ er den Seigerturm am Übergang vom dritten in den vierten Burghof aufstocken.

Ursprünglich eingegliedert in ein stattliches Ensemble aus Arkadengängen, Kaminzimmern, Kapelle und Zeughaus, erinnert der Turm nun als letztes Relikt an diese prunkvollen Veränderungen. Mit seinen beiden Renaissance-Volutengiebeln dominiert er viele Ansichten der Burg Stolpen.

Seigerturm mit Renaissancegiebeln

Zu den markantesten Bauten der Burg Stolpen zählt der Seigerturm mit seinen beiden Renaissance-Volutengiebeln, der sich am Übergang vom dritten in den vierten Burghof erhebt. Foto: Klaus Schieckel

Im Inneren haben Wandgestaltungen des Hofmalers Heinrich Göding die Jahre überdauert. Sie gehörten zu den schönsten Überraschungen während der Sanierung des Turmes, der 2007 wieder geöffnet werden konnte. Unter sechs, manchmal sogar acht Schichten Farbe verborgen, wurden in zwei Zimmern Ornamente und Wandmalereien entdeckt und freigelegt.

Historische Einzeigeruhr unterm Turmdach

Im obersten Stockwerk des Seigerturms endet der Besucherrundgang mit einem wind- und wettergeschützten Rundumblick. Wer das Glück einer Sonderführung hat, darf aber eine schmale Holzstiege hinauf in den Dachstuhl zum Türmerstübchen klettern. Hier hängt noch einmal besondere „Schloss-Luft“ zwischen den originalen Holzbalken.

Dafür sorgt die Namensgeberin des Turms, denn „Seiger“ bedeutet im Ostmitteldeutschen „Turmuhr“. Die Stolpener Vertreterin ist eine Einzeigeruhr, ausgerichtet zur Altstadt. Im Dachstuhl verbirgt sich ihr handgeschmiedetes Uhrwerk mit Schlagwerk und Schelle von 1562.

Vom wehrhaften Schloss zur Festung

Kaum je von einem Krieg mit sächsischer Beteiligung verschont geblieben, sollte aus dem wehrhaften Schloss schließlich eine Festung werden. Ab 1634 hielt eine ständige Garnison die Stellung auf der Burg Stolpen und bis 1675 entstanden neue Befestigungsanlagen unter Leitung des Oberlandbaumeisters Wolf Caspar von Klengel.

Den Seigerturm verbanden damals rund um den auch Kanonenhof genannten dritten Burghof zweistöckige Wehrgänge mit dem Johannisturm schräg gegenüber. Im dortigen Rundgang unter dem Dach lässt sich der Ausblick der patrouillierenden Soldaten noch nachvollziehen. Bischof Johann VI. stand Pate für den Namen des 1509 erbauten Wach- und Verteidigungsturms.

Der Johannisturm und Gräfin Cosel

Allgemein bekannter ist der Johannisturm aber schlicht als „Coselturm“. 20 Jahre mitten im 18. Jahrhundert genügten, um ihn untrennbar mit seiner berühmtesten Nutzerin, Anna Constantia Reichsgräfin von Cosel, zu verbinden. Liebe, Berechnung, Macht, Verrat und viel Tragik haben ihr Schicksal zu einer jener Geschichten werden lassen, die sich die Menschen immer wieder erzählen, von Generation zu Generation aufs Neue.

Ausstellung zur Gräfin Cosel

Das abenteuerliche und schicksalhafte Leben der Gräfin Cosel ist Thema einer Dauerausstellung über drei Etagen im Johannis-(Cosel-)turm. Foto: Klaus Schieckel

Die Cosel war keine gewöhnliche Bewohnerin der Burg Stolpen, denn weder kam, noch blieb, noch starb sie an diesem Ort aus freien Stücken. Als einflussreiche und auch über Staatsgeheimnisse informierte Mätresse Augusts des Starken in Ungnade gefallen, ließ er sie gefangen nehmen und zu Weihnachten 1716 nach Stolpen bringen. Hier lebte sie lange Zeit streng bewacht von 40 Soldaten in den prunkvollsten Räumen des Fürstenhauses.

Um sie herum herrschte jedoch allerorten der Niedergang. Für den Erhalt der Bausubstanz wurde kaum etwas getan. Nachdem 1743 zunächst ihre Küche durch einen Blitzschlag beschädigt worden war, stürzte ein Jahr später ihr Ofen ein und verletzte sie, sodass die Gräfin über 60-jährig zusätzlich eine Etage im Johannisturm bezog.

Dort wohnte sie in bescheideneren Verhältnissen. Nach insgesamt 49 Jahren der Gefangenschaft starb die Gräfin Cosel am 31. März 1765, ohne je Gnade erfahren zu haben. Auch ihr letzter Wunsch, auf dem Schafberg in Langenwolmsdorf begraben zu werden, erfüllte sich nicht. Stattdessen wurde sie in der Burgkapelle Stolpen beigesetzt.

Autorin: Claudia Weber

Burg Stolpen

Schlossstraße 10, 01833 Stolpen

Tel. 035973 23410

Öffnungszeiten

Januar–März: Dienstag–Sonntag 10–16 Uhr

April–Oktober: täglich 10–18 Uhr

Die Burg Stolpen im Video

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