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Märchenhafte Schlösser und Burgen: Schloss Weesenstein

Majestätisch thront Schloss Weesenstein in der idyllischen Landschaft des Müglitztals. Auf einem Felsen erhebt sich der frühere Adelssitz, dessen terrassenförmigen Aufbau ein schlanker Turm mit barocker Haube krönt. Ungewöhnlich: In rund 800 Jahren ist die herrschaftliche Residenz von oben nach unten gewachsen.

Der älteste Teil befindet sich fünf Etagen über dem klassizistischen Wintergarten, der Jahrhunderte später entstand. Nicht nur für Kenner sind die verschiedenen Bauetappen gut zu erkennen – bei einem Besuch des heutigen Schlosses taucht jeder unweigerlich tief in die einzelnen Anbauten ein, die sich wie Jahresringe umeinander legen.

Von der wehrhaften Burg zum Wohnschloss

Die mittelalterlichen Anfänge als wehrhafte Burg lassen sich noch immer nachvollziehen. Foto: Schloss Weesenstein

Seinen Ursprung hat das Schloss südöstlich von Dresden in einer wehrhaften Grenzburg der Grafen zu Dohna zur Verteidigung gegen das nahe und mächtige Königreich Böhmen. Als „Weysinberg“ wurde die Anlage „auf dem weißen Stein“ 1318 erstmals erwähnt. Bemerkenswert ist, dass der Charakter der mittelalterlichen Wehrhaftigkeit an diesem Ort erhalten blieb.

Unter den Herren von Bünau wandelte sich die Burg ab 1406 zu einem repräsentativen wohnlichen Schloss. In bedrohlichen Zeiten, etwa bei Aufständen der eigenen Untertanen, bot der Bau hoch über dem Tal jedoch weiterhin Schutz. Zwölf Generationen der Familie von Bünau prägten den Weesenstein. Sie behielt die Herrschaft darüber mehr als 350 Jahre lang.

Als schließlich nach der Familie von Uckermann der sächsische König Anton das Anwesen erwarb, ging es 1830 in den Besitz der Wettiner über, einem der ältesten Geschlechter des europäischen Hochadels, das Sachsen 829 Jahre lang regierte. Johann von Sachsen erbte 1838 das Schloss im schönen Müglitztal und erkor es zu seinem Lieblingssitz.

Die heimliche Residenz der Wettiner

Nachdem er 1854 König geworden war, konnte er zwar nicht mehr oft vor Ort sein – Zeit seines Lebens blieb Weesenstein jedoch privater Rückzugsort des gelehrten wie poetisch begabten Monarchen und seiner Gemahlin Amalie Auguste von Bayern. Auf seiner „heimlichen Residenz“ übersetzte Johann auch die „Göttliche Komödie“ ins Deutsche. Mit weit über 14.000 Versen gilt sie als Hauptwerk des italienischen Dichters Dante Alighieri und Johanns Übersetzung als die beste.

Ab 1942 diente Schloss Weesenstein als Kunstversteck. Foto: Schloss Weesenstein

1917 verkauften die Wettiner Schloss Weesenstein für 1,9 Millionen Mark an den Textilunternehmer Emil Alwin Bauer aus Aue. Ein paar Jahre später übernahm es der Landesverein Sächsischer Heimatschutz und richtete darin ein Museum ein. Dieser Initiative ist es zu verdanken, dass die Originalausstattung zum großen Teil heute noch zu bewundern ist.

Wertvolle Tapeten und zwei Schlosskapellen

Erstaunlich und beeindruckend ist die Vielfalt an wertvollen Tapeten, die die Wände in zahlreichen Räumen schmücken. Für den Ledertapetensaal aus der Zeit um 1720 wurden mehr als 100 Ziegenhäute verarbeitet, geprägt und kunstvoll bemalt. Rote Velourstapete schmückt das frühere Wohnzimmer von König Johann, wo vermutlich die Übersetzung der „Göttlichen Komödie“ entstand. Zu den Raritäten an den Wänden gehören auch französische Panoramatapeten mit Motiven von „Amor und Psyche“ und handcolorierte Blüten-Baum-Tapeten aus China.

Im Unterschloss können die repräsentativen Wohnräume des 18. und 19. Jahrhunderts, darunter der Ledertapetensaal, besichtigt werden. Foto: Schloss Weesenstein

Seltenheitswert hat die Existenz zweier Kapellen unterschiedlicher Konfessionen in einem Schloss. Die evangelische Kapelle auf Weesenstein erinnert in ihrer Farbigkeit an den Innenraum der berühmten Dresdner Frauenkirche, die katholische Hauskapelle beeindruckt durch ihren strahlend blauen Sternenhimmel. Johann von Sachsen ließ sie im früheren Waschhaus einrichten. Ihm und seiner Familie diente der Raum in Weesenstein für private Andachten, da sich das sächsische Herrscherhaus seit August dem Starken zum katholischen Glauben bekannte.

Schlosscafé lädt zur Einkehr

Ein Zwischenstopp im Schlosscafé lohnt sich. Foto: Schloss Weesenstein

Es ist leicht möglich, einen ganzen Tag auf Weesenstein zu verbringen und den verwinkelten Schlossbau inmitten eines weitläufigen Geländes zu erkunden. Zur Einkehr lädt das Schlosscafé zu Kaffee, Kuchen, Torten und kleinen Speisen ein.

Wunderbar lustwandeln lässt sich im nach französischer Art angelegten Schlosspark. Eine Brücke mit dem Monogramm König Johanns führt vom kleinen in den großen Teil des Gartens. Baumalleen, sorgfältig geschnittene Gewächse oder ein Gartenpavillon ziehen die Blicke der Spaziergänger auf sich. Ein Gedenkstein erinnert an Prinz Ernst, den Sohn des sächsischen Königspaares, der 1847 mit nur 16 Jahren auf Weesenstein starb.

Familientipp

Audioguides für Kinder und Erwachsene, interaktive Spielestationen, ein Rätsel und interessante Kurzfilme machen den Rundgang vom königlich eingerichteten Wohnschloss bis hoch in die mittelalterliche Burg zu einem Erlebnis für alle Altersgruppen.

Schloss Weesenstein

Am Schlossberg 1

01809 Müglitztal OT Weesenstein

Tel. 035027 62628

Öffnungszeiten

April–Oktober: täglich 10–18 Uhr (letzter Einlass 17 Uhr)

November–März: Dienstag–Sonntag 10–16 Uhr (letzter Einlass 15 Uhr)

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