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Ein Wanderurlaub auf dem Malerweg

Der Malerweg in der Sächsischen Schweiz folgt den Pfaden, die im 18. Jahrhundert zahlreiche Künstler der Romantik einschlugen, um ihre Lieblingsansichten des Elbsandsteingebirges auf Leinwand zu bannen. Zu ihnen gehörten beispielsweise Adrian Zingg, Anton Graff und Caspar David Friedrich. Holger Braumann vom befreundeten Reiseportal bodensee.de hat auf Stippvisite in Sachsen sechs von insgesamt acht Malerweg-Etappen erwandert – ein Erlebnisbericht.

Meine Sternwanderung rund um Bad Schandau

Der Malerweg umfasst insgesamt 116 Kilometer und acht Etappen. Foto: TV Sächsische Schweiz e. V./Sebastian Thiel

Wenn es um die Wahl der Alpengipfel geht, die ich im Laufe des Wanderjahres erklimmen möchte, tue ich mich oft schwer mit Entscheidungen. Bei der Überlegung, ob es zur Abwechslung auch mal ein Mittelgebirge sein könnte und wenn ja, welches, ging es ungleich schneller: Es konnte nur der Malerweg im legendären Elbsandsteingebirge sein. Mit Bad Schandau habe ich mich für einen festen Aufenthaltsort in meinem Urlaub entschieden. Nicht nur, weil die Stadt so hübsch ist, sondern weil sie quasi im Zentrum der offiziellen Malerwegetappen zwei bis sieben liegt und von dort über den öffentlichen Nahverkehr alle Start- und Endpunkte meiner persönlichen, verkürzten „Malerwegrunde“ perfekt zu erreichen sind.

Tag 1: Wehlen – Hohnstein

Fels und Wald von schroff bis malerisch

Mit dem Schiff geht es nach Wehlen, inklusive imposanten Ausblicken auf das, was mich gleich am ersten Vormittag erwarten sollte – die Bastei. Welch Superlative hört man doch über diese sagenhafte Felsformation:

Eingebettet in eine der bemerkenswertesten Landschaften Deutschlands sei sie. Die Basteibrücke, die sich über die bizarren Felszinnen spannt, dramatisch in ihrer Erscheinung. Der Blick über das Elbtal auf die Tafelberge der Sächsischen Schweiz unvergesslich und weltbekannt. Und letztlich muss ich zugeben: Treffender kann man es kaum ausdrücken. Die Bastei ist geradezu unwirklich schön.

Die Wehlnadel im Vordergrund leitet den Blick zur weltberühmten Basteibrücke. Foto: TV Sächsische Schweiz e. V./Philipp Zieger

Verlässt man das visuelle Spektakel, hat man die Kulisse aus Fels und Wald im steten Wechsel von schroff bis malerisch nicht selten für sich allein. Ruhig der Amselsee und -grund, aussichtsreich die Wehranlage Hackstein mit Teufelsbrücke, geradezu alpin der Abstieg über Eisentreppen durch die Wolfsschlucht, friedlich das Polenztal – der Weg zum Zielort Hohnstein ist reich an Abwechslung. Mit dem Wanderbus, der sogenannten Felsen-Linie, geht es von dort zurück nach Bad Schandau.

Tag 2: Hohnstein – Adamsberg

Mit Verspätung zum Panoramablick

Mein zweiter Tagesabschnitt beginnt in Hohnstein mit etwas Verspätung. Ich habe mich verquatscht, mit einem Kenner des Oldtimer-Motorradsports, und seinen schier unerschöpflichen Anekdoten über das jährliche Hohnsteiner Bergrennen gelauscht. Aber ich habe ja schließlich Urlaub und keine Eile.

Schon nach kurzer Gehzeit sollte man den Abstecher zur Gautschgrotte mit dem schwindelerregenden Blick hoch zu einem Felsüberhang von 40 Metern nicht verpassen. Im Winter bilden sich daran gigantische Eiszapfen, aber das ist Zukunftsmusik.

An der Brandaussicht wartet ein spektakulärer Panoramablick über das Elbsandsteingebirge. Einzige bergsteigerische Herausforderung bleibt an diesem Tag im Übrigen der Abstieg über 800 Treppenstufen in den „Tiefen Grund“ und der folgende Anstieg. Oben kann man dann beim Gehen für eine ganze Weile entspannt die Seele baumeln lassen.

Vom Adamsberg schweift der Blick zur Festung Königstein und zum Lilienstein. Foto: TV Sächsische Schweiz e. V./Philipp Zieger

Nach dem beeindruckenden Backsteinfabrikgebäude in Kohlmühle mache ich mich noch auf zum Adamsberg, der die Mühe belohnt mit feinem Blick auf den Lilienstein, die Festung Königstein und auf die Schrammsteine, Letztere Teil der morgigen Etappe.

Schön ist für mich als passionierten Tramfahrer auch der Heimweg mit der Kirnitzschtalbahn – ein gelungener Tagesabschluss mit dem Wissen, dass es am nächsten Morgen auf dieselbe Art wieder losgeht.

Tag 3: Jägersteig – Lichtenhainer Wasserfall

Blaubeer-Liebe

Der historische Charme der Kirnitzschtalbahn hat wohl mit der Zeit zu tun, in der die Erschließung der Region ihre Anfänge nahm. Was damals für die sächsische Aristokratie angelegt wurde, ist für uns Wandernde heute schlicht außergewöhnlich.

Angesagter denn je und hier mit besonders langer Tradition ist auch das Klettern. Bevor ich allerdings das Treiben der diesen kraftraubenden Sport Ausübenden an den Schrammsteinen in aller Ruhe verfolgen kann, muss ich am Jägersteig noch selbst ran. Bis zum Schrammsteingrat sind nicht wenige sogenannte Stiegen aus Eisen zu erklimmen.

Spätestens heute aber habe ich mich verliebt, in diese Gegend mit den bizarr-schönen Gebilden aus Sandstein und Granit, in diese wild-zerklüftete Landschaft entlang der Schramm- und Affensteine, in diesen Malerweg, der gespickt ist mit aufregenden Kletterpassagen und schmalen Pfaden auf sandigen Böden wie in einer Nordseedüne. Und ebenso liebe ich die im Überfluss wachsenden, unfassbar leckeren, Mund und Hände tief rot färbenden Blaubeeren, die mich auf dieser meiner dritten Etappe immer wieder zum Naschen bringen.

Ein Vorreiter sanfter Mobilität im Nationalpark Sächsische Schweiz ist die historische Kirnitzschtalbahn. Foto: TV Sächsische Schweiz e. V./Marko Förster

Auf diesen Abschnitt der Tour habe ich mich besonders gefreut und er hält, was er versprochen hat. Und sogar die geruhsame Fahrt mit der Kirnitzschtalbahn am Ende des Tages vom Lichtenhainer Wasserfall zurück an die Elbe erscheint mir wie ein wohliges Wiedersehen mit einer guten Freundin.

Tag 4: Kuhstall – Schmilka

Auf und ab im Sonnenschein

Der vierte Wandertag beginnt mit einem kurzen Aufstieg vom Lichtenhainer Wasserfall hoch zum Felsentor Kuhstall. Weder Vier- noch Zweibeiner kreuzen an diesem frühen Morgen meine Wege, nicht am imposanten Felsenbogen und auch nicht beim Erklimmen der schmalen Himmelsleiter auf das Kuhstall-Plateau. Das ändert sich im Laufe dieses sonnigen Tages in der interessanten Neumannmühle, einem technischen Denkmal am Flüsschen Kirnitzsch, für das es sich lohnt, etwas Zeit einzuplanen.

Mit mächtigen Felsen überwölbt der Kuhstall den Wanderweg. Foto: TV Sächsische Schweiz e. V./Mandy Krebs

Und trotz des ständigen Auf und Abs auf dieser Etappe sollte man auch auf die Abstecher zum Arnstein, dem Großen Pohlshorn und der Goldsteinaussicht nicht verzichten. Am höchsten hinaus an diesem Tag und generell diesseits der Elbe geht es am Großen Winterberg. Der Turm, von dem man zum letzten Mal die Panoramasicht von rechtselbischer Seite aus genießen kann, und der Imbiss locken zur Rast an diesem beliebten Ausflugsziel.

Vom Berg geht’s dann recht gemächlich, aber stetig bergab bis ins schöne Bio-Dorf Schmilka. In diesem mit sichtbar viel Liebe restaurierten Örtchen lässt es sich zum Abschluss eines Wandertages wunderbar durch die kleinen Läden mit hiesigem Hausgemachtem schlendern und in gemütlicher Atmosphäre gut speisen. Zum Glück fährt auch nach Sonnenuntergang noch ein Zug zurück nach Bad Schandau.

Tag 5: Schmilka – Gohrisch

Zu den Tafelbergen links der Elbe

Eine morgendliche Fahrt mit dem Wanderschiff retour läutet meine fünfte Etappe ein, die erste „drüben“, sprich auf der anderen Seite der Elbe. Meine anfängliche Skepsis, ob das linke Ufer mit dem Flair des rechten mithalten kann, verfliegt mit der Kletterpartie auf den ersten von letztlich vier aus Kiefernwäldern steil aufragenden Sandstein-Tafelbergen.

Schon in jungen Jahren las ich begeistert Geschichten über die großen Tafelberge am Rande des Amazonasbeckens. Vielleicht nicht in diesem Maße mit endemischer Vegetation ausgestattet, verlässt man auf ihren kleinen sächsischen Pendants mit den ähnlich senkrechten Felswänden dennoch das Gewöhnliche von unten, um oben in eine scheinbar fremde Welt zu treten. Dort auf den Plateaus bestimmen mit Flechten und Moosen bewachsene Felsen die Szenerie.

Eine scheinbar fremde Welt eröffnet sich auf den Plateaus von Kaiserkrone, Papststein und Gohrischstein. Foto: TV Sächsische Schweiz e. V./Sebastian Thiel

Ob auf der Kaiserkrone, dem Papststein oder dem Gohrisch – die Felsenmeere mit der kargen Vegetation versetzen mich zusammen mit dem Fernblick auf die anderen Tafelberge und die rechtselbische Wald- und Felsenlandschaft in eine wohlige melancholische Stimmung. Eindrücke, die bleiben.

Tag 6: Pfaffenstein – Wehlen

Vorfreude und Abschied nehmen

Die Vorfreude auf diesen sechsten, letzten Wandertag war groß. Als Erstes geht es hinauf auf die beiden nächsten Tafelberge. Der Pfaffenstein fasziniert mit seinem steilen und engen Aufstieg, mit seinen Schluchten und Stiegen, den Felswänden für Kletterer und natürlich der markanten Felsnadel, der Barbarine.

Der zweite Berg, der Quirl, bietet vor allem eine eindrucksvolle Höhle. Viel Zeit lassen will ich mir aber an diesem Tag besonders für eine der größten Bergfestungen Europas – die Festung Königstein auf dem gleichnamigen Tafelberg. Die einst zur stärksten Festung Sachsens ausgebaute und später als Staatsgefängnis genutzte Anlage ist heute ein militärhistorisches Freilichtmuseum, dessen „Eroberung“ auf alle Fälle lohnt. Allein schon wegen des zwei Kilometer langen Weges entlang der Ringmauer.

Nicht zu übersehen ist die Festung Königstein auf dem gleichnamigen Tafelberg. Foto: TV Sächsische Schweiz e. V./Frank Exß

Was für ein würdiger Abschlusstag. Unterwegs nach Wehlen, vorbei an der Malerwegkapelle und einem letzten Tafelbergblick vom Rauenstein, kommt dann doch langsam Wehmut auf. Spätestens auf der S-Bahn-Fahrt von Wehlen nach Bad Schandau aber ist mir klar: Es wird nicht das letzte Mal sein, dass ich hier im Elbsandsteingebirge unterwegs gewesen bin. Auf bald!

Autor: Holger Braumann

Gut zu wissen

Die insgesamt 116 anspruchsvollen Kilometer des Malerweges verteilen sich auf acht Etappen durch die Felsenwelt des Nationalparks Sächsische Schweiz und erfordern eine gute Wanderkondition. Nicht zu unterschätzen sind die vielen Höhenmeter.

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