Mit der Straßenbahn in den Nationalpark Sächsische Schweiz
Sich mit einer Straßenbahn in die Felslandschaft des Elbsandsteingebirges chauffieren zu lassen, war schon vor 125 Jahren eine innovative Idee. 1898 wurde die Kirnitzschtalbahn in Dienst gestellt und fährt bis heute Kurgäste, Wanderer, Einheimische und Touristen von Bad Schandau zum Lichtenhainer Wasserfall.
Entlang der Strecke der Kirnitzschtalbahn gibt es neun Haltestellen, von denen Wanderwege in zauberhafte Grotten und zu grandiosen Aussichten wie dem Kleinen und Großen Winterberg, den Affen- und Schrammsteinen oder zum Kuhstall, dem größten Felsentor in der Sächsischen Schweiz, führen. Besonders authentisch sind die jährlichen Traditionsfahrten, bei denen Originalwagen von 1926, 1928 oder 1938 zum Einsatz kommen.
Seit 1898 bringt die Kirnitzschtalbahn Fahrgäste in den Nationalpark Sächsische Schweiz. Foto: Martin Schmidt
Die Anfänge des Tourismus im Elbsandsteingebirge
Doch wie begann eigentlich alles vor mehr als einem Jahrhundert? Mit der Jungfernfahrt des Dampfbootes „Königin Maria“ nahm 1837 die Dampfschifffahrt von Dresden ins Umland ihren Anfang. 1850 wurde außerdem die Eisenbahnstrecke Dresden – Königstein bis Schandau verlängert, ein Jahr später bis Bodenbach.
Beste Voraussetzungen also für den Tourismus, der damals noch in den Kinderschuhen steckte. Da immer mehr Gäste – zunächst die wohlhabende Bevölkerung, später alle Schichten – das Elbsandsteingebirge für sich entdeckten, wurde bald an ein öffentliches Verkehrsmittel für die Fahrt ins wildromantische Kirnitzschtal gedacht. Ursprünglich sollte das eine Pferdebahn sein.
Die historische Postkarte um 1920 zeigt die Kirnitzschtalbahn am Lichtenhainer Wasserfall. Foto: RVSOE
Der technische Fortschritt war jedoch schneller und 1893 wurde das „Exekutiv-Comité zum Bau und Betrieb einer Straßenbahn mit Motorantrieb von Schandau über den Lichtenhainer Wasserfall bis zur Kirnitzschschänke“ gegründet. Baubeginn war schließlich 1897. Am 28. Mai 1898 wurde die Strecke „Schandau – Grosser Wasserfall“ in Betrieb genommen.
Nostalgisches Flair auf eingleisiger Strecke
Heute ist die Kirnitzschtalbahn eines der beliebtesten Sonderverkehrsmittel in der Sächsischen Schweiz und europaweit die einzige Straßenbahn, die in einen Nationalpark einfährt. Die Fahrt verspricht jede Menge nostalgisches Flair: Wie schon 1898 ist die Bahn noch immer auf drei eingleisigen Streckenabschnitten unterwegs, der Verkehr wird durch Signalstäbe abgesichert und die Schaffner verkaufen die Billetts von der Abreißmappe und ziehen das Rückgeld aus einem Galoppwechsler.
Übergabe des Signalstabes: Nur der Fahrer, der den gültigen Signalstab besitzt, darf den eingleisigen Streckenabschnitt befahren. Foto: RVSOE/Solveig Großer
In der Sommersaison ist das Quietschen der Räder täglich im Halbstundentakt zu vernehmen. Im Winter wird es etwas ruhiger und die Straßenbahn verkehrt täglich alle 70 Minuten. Auf ihrer 7,8 Kilometer langen Strecke zwischen dem Bad Schandauer Kurpark und dem Lichtenhainer Wasserfall begleitet sie stets das namensgebende Flüsschen.
Zum Wagenpark der Kirnitzschtalbahn gehören neben den täglich verkehrenden Linienwagen auch Museumswagen aus den Jahren 1926, 1928 und 1938. Diese Schmuckstücke aus längst vergangenen Zeiten werden immer am 1. Mai, zu Pfingsten, zum Kirnitzschtalfest und am 3. Oktober zusätzlich zum Linienverkehr im Traditionsverkehr eingesetzt.
125 bewegte Jahre werden zum Kirnitzschtalfest Ende Juni gefeiert
In ihren 125 Betriebsjahren wurde der Betrieb der Kirnitzschtalbahn einige Male unterbrochen. Dabei war der Großbrand am 26. Juli 1927 der wohl schlimmste Tag in ihrer Geschichte, aber auch Krieg, Betriebseinstellungen wegen Entgleisungen und schlechter Straßenverhältnisse, Linienkürzungen und bis in die heutige Zeit Hochwasser und Schlammlawinen machten und machen der Bahn zu schaffen.
Zum 125. Geburtstag der Kirnitzschtalbahn gibt es am Pfingstwochenende vom 27. bis zum 29. Mai 2023 Traditionsfahrten mit einem besonderen Clou für Fans der „guten alten Zeit“: Fahrgäste im Dresscode der 1900er bis 1920er Jahre erhalten am 28. Mai freie Fahrt mit der Kirnitzschtalbahn (ausgenommen ist der Traditionszuschlag). Auch eine Überraschung aus Görlitz ist in Planung. Die große Jubiläumsfeier steigt dann zum 23. Kirnitzschtalfest am 24. und 25. Juni 2023.
Zu Pfingsten 2023 erhalten Fahrgäste, die im Stil der 1900er bis 1920er Jahre gekleidet erscheinen, freie Fahrt auf der Kirnitzschtalbahn. Foto: RVSOE/Solveig Großer