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Mein Lieblingsexponat …

Sie sind tagtäglich von historischen Schätzen umgeben – doch welche Exponate der von ihnen betreuten Ausstellungen liegen Museumsschaffenden aus Sachsen besonders am Herzen? Wir haben nachgefragt.

Marina Palm, Leiterin des Textil- und Rennsportmuseums Hohenstein-Ernstthal

Foto: Andreas Kretschel

Drei Abendkleider unserer Textilsammlung gehören zu meinen Lieblingsexponaten. Sie wurden um 1975 aus bunt bedrucktem Malimo-Stoff selbst geschneidert. Wie mir die Trägerin erzählte, trug sie diese Kleider oft bei Veranstaltungen in der Stadthalle Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz. Eines Tages stand eine Besucherin davor und äußerte sich amüsiert, dass sie einen der Stoffe in den 1970er Jahren als Gardine in ihrem Wohnzimmer zu hängen hatte.

Das 1949 patentierte Verfahren Malimo wurde ab 1964 in der DDR zu einem eigenen textilen Industriezweig entwickelt. Vielen sind sicherlich noch die bunten Geschirrtücher, Moltonbettlaken, Wohnraumtextilien oder Freizeit- und Badebekleidung in Erinnerung. Unter dem Weihnachtsbaum durfte Jahr für Jahr ein gedruckter Kalender als Geschirrtuch nicht fehlen. In der gehobenen Oberbekleidung setzte sich der Malimo-Stoff jedoch nicht durch. Dennoch gefielen der Schneiderin unserer drei Kleider die opulenten Musterungen der Wohndekostoffe für ihre Abendgarderobe.

Bis in die 1980er Jahre wurden sieben verschiedene Malimo-Verfahren entwickelt. Nach 1990 verschwand diese Herstellung im Bekleidungs- und Dekorationsbereich vollständig. In wachsendem Maße werden die Verfahren jedoch heute zur Herstellung von technischen Textilien wie Autobezugsstoffen, Vliesen oder Isoliermaterialien eingesetzt. Und sogar in der Luftfahrt und im Weltall sind nach der Malimo-Technologie produzierte Spezialgewebe vertreten.

Foto: Textil- und Rennsportmuseum Hohenstein-Ernstthal

Dr. Michael Vogt, Direktor des Verkehrsmuseums Dresden

Foto: Anja Schneider

Mancher Gast des Verkehrsmuseums wird sich wundern, in der Luftfahrt-Ausstellung auf ein großes Motorrad zu treffen. Was hat diese seltene Maschine mit dem seltsamen Namen „Megola“ mit der Luftfahrt zu tun? Gebaut wurde sie in den frühen 1920er Jahren in München.

Verblüffend ist der Motor: Gewöhnlich findet sich der Motorblock eines Motorrades zwischen Vorder- und Hinterrad. Bei der Megola aber sitzt er im Vorderrad. Die Kurbelwelle des Motors ist starr mit der Vorderradschwinge verbunden. Der Motor dreht sich um sich selbst beim Fahren.

Das ähnelt einem Umlaufmotor, wie er auch in den frühen Motorflugzeugen seit den 1910er Jahren verbaut wurde. Die Maschine musste durch Drehung des Motors angeworfen werden – wie bei einer Propellermaschine.

Auf diese abwegige Idee kamen Flugzeugingenieure in der Not. Nach dem Ersten Weltkrieg war es Deutschland durch den Versailler Vertrag verboten, Flugzeuge zu bauen. So suchten die Ingenieure der Luftfahrt neue Betätigungsfelder. Einer unter ihnen war Friedrich „Fritz“ Cockerell (1889–1965). Er ersann die Megola – erfolgreich als Rennmaschine, aber nicht alltagstauglich.

Foto: Verkehrsmuseum Dresden

Susanne Bochmann, Kuratorin des Museums der Meissen Porzellan-Stiftung

Foto: Meissen Porzellan-Stiftung

Paul Scheurichs „Dame mit Fächer“ vereint für mich auf wunderbare Weise den eleganten Figurenstil des Künstlers und die Mode der 1920er Jahre. Scheurich (1883–1945) war einer der bedeutendsten Porzellangestalter der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Er verdiente sein Geld aber auch als Zeichner für Modezeitschriften und Magazine. Für die Zeitschrift „Die Dame“ des Berliner Ullstein-Verlages lieferte er unzählige Zeichnungen für den Innenteil und gestaltete regelmäßig die Titelseiten. Die Vorlagen fertigte er meist als Bleistiftzeichnungen, die er mit Wasserfarben kolorierte.

Scheurichs Leben war oft von Krankheit geprägt. Nach fünfjähriger Arbeitspause konnte er ab Herbst 1928 wieder arbeiten und genoss eine intensive Schaffensphase. Sein Figurenstil hatte sich verändert – am deutlichsten zu sehen an seinen Frauendarstellungen. Körperbau und Kleidung greifen die Mode der Zeit auf. Die „Dame mit Fächer“ von 1929 ist ein typisches Beispiel für diese Periode.

Foto: Meissen Porzellan-Stiftung

Dr. Peter Knüvener, Direktor der Städtischen Museen Zittau

Foto: Städtische Museen Zittau/Jürgen Matschie

Als Zittauer Museumsdirektor muss eigentlich das Große Fastentuch von 1472 das Lieblingsexponat sein – aber wir beherbergen noch weitere faszinierende Objekte, die es lohnt zu entdecken.

Besonders beeindruckt mich die Lostrommel der Zittauer Jungfernlotterie, gestiftet 1751 vom Kaufmann Carl Christian Besser. Die aus Messing gefertigte Lostrommel trägt auf der Front die Inschrift „Herrn Carl Christian Bessers Kaufmanns in Zittau Jungfern Gestiffts-Lotterie de A. 1751 den 10. July“ und zeigt graviert eine modisch gekleidete junge Frau.

Eine 270 Jahre alte Lostrommel an sich sucht ihresgleichen in den Sammlungen der Museen. Aber diese erzählt außerdem eine besonders bezaubernde Geschichte, wie wir einige mehr kennen aus der seit 1564 bestehenden einzigartigen städtischen Sammlung. Der Stifter Carl Christian Besser (1701–1769) war einer der reichsten Zittauer Kaufleute. Er kam aus einer „Einwandererfamilie“, lebte zeitweise in London und nutzte die Möglichkeiten, die der zu dieser Zeit enorm erfolgreiche Handelsplatz Zittau bot.

Foto: Städtische Museen Zittau/Jürgen Matschie

Seinen Reichtum wollte er aber auch weitergeben und so stiftete er zu seinem 50. Geburtstag die Zittauer Jungfernlotterie. Jedes Jahr sollten zwei unverheiratete und aus ärmeren Familien stammende Zittauer Mädchen, die ihren Vater verloren hatten, ausgelost werden und eine Unterstützung für ihre Aussteuer erhalten. Diese wurde am Tag der Hochzeit, spätestens aber zum 30. Geburtstag ausgezahlt. Die Verlosung fand zu seinem Geburtstag in Bessers Gartensaal vor dem Bautzner Tor statt.

Noch heute finden sich mit zwei eleganten barocken Häusern Bessers Spuren im Zittauer Zentrum. Auf dem musealen Klosterhof steht sein Grufthaus mit einem prächtigen Grabmal.

 

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