Wie das Adelsgeschlecht der Schönburger einen ganzen Landstrich prägte
Mit Schlössern verbinden die meisten Menschen längst vergangene Zeiten, Könige, höfisches Leben und prunkvoll eingerichtete Gemächer hinter dicken Mauern. Gerade Sachsen ist mit derart geschichtsträchtigen Gemäuern reich gesegnet. Zwischen Hartenstein und Wechselburg hat das Geschlecht derer von Schönburg seine Spuren hinterlassen.
Eigene Landesherrschaft im Tal der Zwickauer Mulde
Deutliche Hinweise auf ihren Einfluss als Stadt- und Grundherren gibt in vielen Orten der Region das markante rot-weiße Schild der Schönburger im Stadtwappen – beispielsweise in Glauchau, Lichtenstein, Meerane oder Hohenstein-Ernstthal. Am eindrucksvollsten bewahren jedoch die zahlreichen Schlösser das Vermächtnis der Fürsten und Grafen.
Im Tal der Zwickauer Mulde ließen sich die Adelsherren zum Ende des 12. Jahrhunderts nieder, vermehrten nach und nach ihren Besitz und entfalteten eine eigene Landesherrschaft. Auf dem Höhepunkt der politischen und wirtschaftlichen Macht des Hauses – erlangt etwa durch Beteiligungen im Bergbau oder die Förderung des städtischen Handwerks – wurden unter Ernst II. von Schönburg im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts Schloss Forderglauchau und die Renaissanceanlage in Waldenburg erbaut.
Wenig später kam es zu einer bedeutenden Linientrennung, aus der die Hauptlinien Schönburg-Glauchau und Schönburg-Waldenburg bis heute überdauerten. Wer schon von diesen beiden gehört hat, wird sich vielleicht über die verschiedenen Titel ihrer Vertreter gewundert haben.
Fürst Otto Carl Friedrichs Park „Greenfield“ in Waldenburg
Der Grund ist folgender: Im Jahr 1790 erhob Kaiser Leopold II. die obere Linie Schönburg-Waldenburg in den erblichen Reichsfürstenstand, die Glauchauer Linie blieb gräflich. Als erster Fürst ging Otto Carl Friedrich in die Geschichte ein. Dieser weltgewandte und gebildete Mann machte nicht nur die Schlösser Lichtenstein und Waldenburg zu angesehenen Zentren der Kunst und Kultur; er bescherte der traditionsreichen Töpferstadt auch eines der bedeutendsten Zeugnisse sächsischer Gartenbaukunst – den Grünfelder Park.
Im Tal des Oberwinkler Baches bei Waldenburg verwirklichte der Fürst, was bei einer Kavalierstour durch England in den Landschaftsgärten von Twickenham und Kew sein Interesse geweckt hatte. In der Heimat wollte er nachempfinden, wie ein bewusst angelegtes Ensemble sich dennoch harmonisch in die Natur einpassen kann, und schuf „Greenfield“. Zwischen Teichen, Alleen und Wiesen ließ Otto Carl Friedrich außerdem die antike Baukunst wieder aufleben, etwa beim noch heute erhaltenen Badehaus oder der Hirschtränke.
Fürsten in Waldenburg, Grafen in Glauchau
Während die Schönburger über Jahrhunderte alle Bereiche des öffentlichen Lebens in ihrem Herrschaftsgebiet prägten, hatte ihre politische Bedeutung nach dem Tod Ernsts II. immer mehr nachgelassen. 1740 mussten sie sich unter kursächsische Oberhoheit begeben.
Auf den zweiten Blick ist auch die vermeintlich klare Trennung in eine gräfliche und eine fürstliche Linie nicht so einfach. Brüderliche Erbteilungen brachten es mit sich, dass ab 1813 auch Hartensteiner Fürsten und in Glauchau schon seit 1681 die Hauptstränge Forder- und Hinterglauchau existierten. Zwei Linien dieser Adelsfamilie in einer solch kleinen Stadt!
Territorium und Hofstaat wurden aufgeteilt, was unter anderem auch erklärt, warum auf dem Glauchauer Marktplatz bis vor wenigen Jahren zwei Apotheken ansässig waren: Die Löwenapotheke gehörte zur hinteren, die Mohrenapotheke zur vorderen Herrschaft.
Der hier gepflegte feudale Lebensstil führte gelegentlich auch zu Verwicklungen mit Kursachsen. Graf Albert Christian Ernst etwa leistete sich als einziger Vertreter des Hauses Schönburg in seiner Herrschaft Hinterglauchau eine kostspielige Schlossgarde und stellte zudem die sächsische Landeshoheit infrage.
Schließlich rückte im Januar 1777 kursächsisches Militär in Glauchau ein, der Graf flüchtete. Das Aufbegehren nützte ihm unteressen wenig, letztlich wurde der ursprüngliche Rechtszustand wiederhergestellt.
Ein luxuriöser Schlossumbau mit 20 Bädern
In den Folgejahren wurden die Unterschiede zwischen Glauchauer und Waldenburger Herrschaft immer offensichtlicher. Die Grafen lebten zuweilen über ihre Verhältnisse und vertrieben sich die Zeit mit Jagden und Pferdesport.
In der Zwischenzeit gründete Fürst Otto Victor I. von Schönburg-Waldenburg 1819 die private Fürstlich-Schönburgische Sparkasse und engagierte sich stark für das Gemeinwesen. So erwarb er zum Zwecke der Volksbildung die historische Sammlung der Leipziger Apothekerfamilie Linck, die den Grundstock für das heutige Naturalienkabinett bildete.
Die insgesamt bessere wirtschaftliche Situation der Waldenburger belegt auch deren luxuriöser Schlossumbau. Anfang des 20. Jahrhunderts scheuten der junge Fürst Otto Victor II. und seine Ehefrau Eleonore keine Kosten, um sich mit damals noch ungewohnten häuslichen Annehmlichkeiten wie Zentralstaubsauger, Abluftventilatoren und Brandmeldeanlage zu umgeben.
Dazu zählte auch ein Tellerwärmer in einem Glasschrank vor dem Chinesischen Speisezimmer, damit die Herrschaften die per Aufzug aus der Küche herbeigeschafften Gerichte auf wohltemperiertem Geschirr genießen konnten. Außerdem wurden 20 Bäder im Waldenburger Schloss eingebaut, während sich Gräfin Frida, die Witwe des letzten Hinterglauchauer Grafen, auf ihrem Alterssitz noch mit dem Nachtstuhl begnügen musste …
Enteignung des letzten Fürsten 1945
1945 ging die Ära der Fürsten auf Schloss Waldenburg mit deren Enteignung zu Ende. Das letzte Oberhaupt des Hauses Schönburg, Fürst Günther, hatte die Residenz wie kein anderer in den Fokus der Kulturszene gerückt und sich, auch unter Einsatz seines privaten Vermögens, der Pflege von Wissenschaft und Kunst verschrieben.
Er gründete 1921 die „Waldenburger Tafelrunde“. Dazu lud er jährlich namhafte Intellektuelle aus ganz Deutschland ein, ließ etwa 500 zum Teil öffentliche Konzerte stattfinden und schließlich die Beletage des Schlosses in ein Museum umwandeln.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Schloss Waldenburg zum Sanatorium für an Tuberkulose Erkrankte, später ein Fachkrankenhauses für Lungenheilkunde. Dessen Türen schlossen sich Ende 1989 für immer.
Museen halten Erinnerungen an einstige Schlossherren lebendig
Heute können sich Besucher im Schloss Waldenburg wieder an klassischen wie auch an modernen musikalischen Darbietungen erfreuen und in einigen der imposanten Wohn- und Repräsentationsräume auf den Spuren der Adelsfamilie wandeln. Seit über 20 Jahren dient das historische Gemäuer außerdem als Kulisse für Film- und Fernsehproduktionen und bietet Hochzeitswilligen einen glamourösen Rahmen für ihre Trauung.
Schloss Hinterglauchau hat sich als Museum und Kunstsammlung einen Namen gemacht. Es zählt bedeutsame Exponate der Malerei – unter anderem von Graff, Mengs, Bantzer, Bracht, Kuehl, Schneider, Sterl und Zwintscher – sowie Grafik mit Werken von Dürer, Cranach d. Ä. oder Rembrandt zu seinen Schätzen. Die umfangreiche Möbelsammlung umfasst wertvolle kunsthandwerkliche Exponate. Von den einstigen Bewohnern aus dem Hause Schönburg künden eingerichtete Innenräume im ersten und zweiten Obergeschoss.
Zu den ehemaligen Besitzungen der Herren von Schönburg, die heute Museen beherbergen, gehören auch Schloss Rochsburg und die Burg Stein in Hartenstein. Das Schloss in Lichtenstein wird aktuell zum Fünf-Sterne-Hotel umgebaut. Hier befindet sich die Fürstengruft der Schönburger mit 20 kunsthistorisch bedeutenden Sarkophagen, die allerdings derzeit nicht zugänglich ist.
Autorin: Claudia Weber