Kreative Ausflüge in die Geschichte im smac in Chemnitz
Die Museumspädagoginnen im Chemnitzer smac, dem Staatlichen Museum für Archäologie, lassen mit ihren Ideen einen Ausflug in die Geschichte zum kleinen Abenteuer werden. Immer wenn eine neue Sonderschau geplant wird, wenn das Ferienprogramm an der Reihe ist oder originelle Führungen und Veranstaltungen benötigt werden, sind das Wissen und der Einfallsreichtum von Sabine Lienen-Kraft gefragt. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Juliane Dietrich entwickelt sie kreative Konzepte für anregende und spannende Angebote, die alle Sinne ansprechen und gleichzeitig den Horizont erweitern.
Mit der Taschenlampe im Dunklen durch die Steinzeit streifen, bei einem abendlichen Rundgang Gleichgesinnte treffen oder sich für eine Pyjamaparty in Schale werfen – für Kinder, Familien und Erwachsene sind Museumsbesuche heute kommunikativ, lebendig und haben nichts mehr mit verstaubten Vitrinen und langen Erklärtexten zu tun. Bis solch ein Potpourri an Veranstaltungen jedoch komplett ist, erfordert es von den Museumspädagoginnen mehrere Wochen intensiver Arbeit.
Aufwändiges Rahmenprogramm rund um die Archäologie
Sorgfältige Recherche, Kreativmeetings, reichlich Organisation sowie Testen und Ausprobieren sind dann an der Tagesordnung. Um sich thematische Führungen, Mitmachformate und neue Events auszudenken, bedarf es immer enger Absprachen – mit den Kuratoren, dem gesamten Team und den zahlreichen engagierten Menschen, die die Rundgänge schlussendlich durchführen.
„Nach etwa drei Monaten steht alles auf soliden Beinen und wir haben einen kompletten Angebotssatz für eine Sonderausstellung entworfen“,
erklärt Sabine Lienen-Kraft. „Meist nähern wir uns über ein außergewöhnliches Exponat dem Thema an, stellen dieses in den Mittelpunkt unserer Arbeit und verknüpfen es mit dem Inhalt des Museums, das sich auf drei Etagen der Entwicklung Sachsens von den ersten Jägern und Sammlern bis zur frühen Industrialisierung widmet.“ Parallel dazu werde ein Bezug zur heutigen Zeit hergestellt, denn Aktualität und die Relevanz zum Alltagsleben seien elementar für gelungene Programme.
Bei Kinderangeboten steht der Spaß im Vordergrund
Für Kinder dürfen solche Veranstaltungen nicht zu wissenschaftlich sein. „Bei unseren jüngsten Gästen muss man bestimmte Besonderheiten beachten: Bei ihnen ist zum Beispiel die Konzentrationsspanne geringer und wir müssen Angebote finden, die niemanden überfordern. Wenn Familien zu uns kommen, wollen wir ihnen einfach ein gutes Gefühl schenken, ein schönes Erlebnis und Erinnerungen schaffen und über Spaß Wissen vermitteln“, konkretisiert die studierte Archäologin. Wichtig seien Türöffner, die jüngere Besucher gleich abholen. Ritter, Burgen oder Tiere seien beispielsweise solche Schlüsselwörter:
„Kinder haben noch keine Schubladen, sagen, was ihnen auf der Zunge liegt, und haben meistens ganz viel Spaß an der Kommunikation – das ist spannend zu sehen.“
Sehr gut funktionierten deshalb auch Fragen oder ein kleines Quiz am Anfang einer Führung, bei denen man unbefangen miteinander ins Gespräch kommt. Überhaupt sei der Dialog in der heutigen Museumspädagogik ein zentrales Thema, das von den Gästen zunehmend in Anspruch genommen werde.
„Wir müssen auch nicht immer das Rad neu erfinden. Es gibt zahlreiche gute Konzepte und Materialien, die einfach perfekt für die Arbeit mit jungen Menschen geeignet sind“, so Sabine Lienen-Kraft. Familienführungen sind deshalb immer so aufgebaut, dass es nach der einstündigen Reise durch die Vergangenheit noch eine kreative Einladung gibt. Hier kann beispielsweise ausprobiert werden, seinen Namen wie im Mittelalter zu schreiben oder aus Seifenblöcken Pferdeköpfe zu schnitzen. Diese Kunstwerke dürfen natürlich als Erinnerung mit nach Hause genommen werden.
Mitmachformate auch für Erwachsene
In Chemnitz können Besucher aus einem großen Portfolio schöner Erlebnisse wählen. Besonders gern gebucht werden etwa die Taschenlampenführungen. Bis vor Kurzem durften nur Kinder teilnehmen und durch das dunkle, geheimnisvolle Gebäude streifen – bewusst ohne die Sicherheit der Eltern oder Großeltern. Das ist so gut angekommen, dass mittlerweile auch Taschenlampenstreifzüge für Erwachsene in den Veranstaltungsplan aufgenommen wurden.
Ein weiteres nur für Erwachsene konzipiertes Mitmachformat heißt „a wie anbändeln“. Hier können Museumsliebhaber, die bis jetzt Kultur immer allein genossen haben, gemeinsam durch das smac schlendern und dabei ins Gespräch kommen. Mittagspausenführungen, Kindergeburtstage, ein umfangreiches Programm für Kitas und Schulklassen oder die Stille Stunde, in der ein reizreduzierter Ausstellungsbesuch möglich ist, sind weitere attraktive Wege, in 300.000 Jahre Menschheitsgeschichte einzutauchen.
Wie gut ein neues Konzept ankommt, hängt letztlich immer an den Inhalten und den Exponaten selbst. „Die kleine Ausstellung im Museumsfoyer zu Ägypten 2023 war beispielsweise ein echter Publikumsmagnet. Dieses Thema ist auch sehr dankbar. Da springt die Fantasie sofort an und alle kennen sich wenigstens ein bisschen aus“, erinnert sich Sabine Lienen-Kraft. Museumspädagogisch entwickelte sie dafür das Angebot, ein Strohboot zu bauen und mit Hieroglyphen zu experimentieren.
„Was bei unseren gesamten Aktionen auffällt: Es muss nicht immer digital sein. Alle lieben es, Dinge anzufassen oder mit den eigenen Händen etwas zu erschaffen.“
Sonderschau „Home Sweet Home“ mit umfangreichem Rahmenprogramm
Für die noch bis zum 28. April 2024 laufende Sonderausstellung „Home Sweet Home – Archäologie des Wohnens“ haben sich die Museumspädagoginnen ebenfalls Unverwechselbares einfallen lassen. So können sich Familien in der Kreativwerkstatt mit Klemmbausteinen, Origamimöbeln oder Salzteig ihren eigenen Hobbyraum gestalten und sich so dem Thema der Sonderschau nähern. „Kinder arbeiten oft in einem eigenen Tempo, aber dafür mit umso mehr Fantasie und ohne Zwang. Dabei kommen manchmal erstaunliche Kunstwerke heraus“, weiß die Wissenschaftlerin.
Doch auch für Erwachsene muss ein ansprechendes und immer mal wieder außergewöhnliches Paket geschnürt werden, um sie noch zahlreicher ins Haus zu locken. Rund um die Ausstellung zum Thema Wohnen gibt es beispielsweise Führungen in leichter und in Gebärdensprache. Darüber hinaus stehen Workshops, Vorträge, Gesprächsrunden, eine Pyjamaparty und eine Zusammenarbeit mit der Chemnitzer Kulturlocation „Weltecho“ auf dem Plan. Hier laufen Kinofilme zum Thema, die danach auf dem Podium besprochen werden.
Verständnis für Kultur und Geschichte wecken
Alles ist aufeinander abgestimmt und muss vorher akribisch vorbereitet werden. Eine Idee führt oft zur nächsten und die gesamte Mannschaft bringt sich ein. Ideen und Inspirationen seien wichtig in ihrer Arbeit, betont die Expertin: Inspirationen vom Leben, von Menschen, von anderen Museen oder von Treffen Gleichgesinnter wie auf der Tagung der Museumspädagogen.
Hier wird etwa neues didaktisches Material vorgestellt und sich ausgetauscht. „Wir im Team wollen nicht kopieren, wir wollen die Angebote speziell auf unser Haus und unsere Inhalte zuschneiden. Am Ende möchten wir einfach bei Kindern spielerisch und mit Freude das Verständnis für Kultur und Geschichte wecken und allen anderen den Besuch so angenehm und aufschlussreich wie möglich gestalten“, fasst Sabine Lienen-Kraft ihre Arbeit zusammen und sammelt im Kopf bereits Pläne für kommende originelle Events im smac.
Autorin: Christiane Schwarzbach
smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz
Stefan-Heym-Platz 1
09111 Chemnitz
Tel. 0371 9119990
Öffnungszeiten
Dienstag–Sonntag, Feiertag 10–18 Uhr
Donnerstag 10–20 Uhr
geschlossen: Karfreitag, 24./25. und 31.12., 1.1.